heut war ich beim augenarzt. ich nenne sie nicht so, weil ich streit suche, oder immer gern unkorrekt bin, sondern weil ich damit sprachlich verdeutlichen will, dass sie genausogut ist wie ein mann. es gibt viele weibliche augenärzte. die, bei der ich zuerst war, war auch ganz offensichtlich eine frau. aber wie viele frauen hatte sie keine zeit für mich und hat mich weggeschickt. ein jammer, dass ausgerechnet diese diesen job hat - es ist einfach verschwendung, zu so dieser ärztin zu gehen, und nicht 100% sehkraft zu haben.
ich bin dann zu einem anderen augenarzt, der auch eine frau war. dort musste ich lange warten, aber das beruhte ja auf gegenseitigkeit - sie hat ja auch lange warten müssen, bis sie mich behandeln durfte. sie hatte nur den sinnvolleren zeitvertreib. dann war ich dran und durfte ich in einen kleinen fernseher schauen und buchstaben sehen.
'können sie dies buchstaben lesen?'
'ja!'
das hat auch gereicht. die buchstaben wurden von mal zu mal kleiner irgendwann fingen die auch an, ganz fiese zu zittern. und immer:
'können sie die buchstaben lesen?'
'ja'
und dann weiter.
irgendwann - da waren die schon klein wie espenlaub und haben gezittert wie stecknadelköpfe, da wollte sie dann doch mal einen beweis haben, und ich musste ihr vorlesen. keine ahnung, ob ich das richtig gemacht habe, beschwert hat sie sich jedenfalls nicht nicht.
schöner spruch falls ich so einen test nochmal machen muss: 'bei mir hat sich noch keine beschwert!' und dazu am tränensack kratzen.
dann musste ich in ein kleines rohr schauen, und plötzlich pustet mir das voll ins auge - ich glaub nicht, dass diese maschine einen medizinischen zweck erfüllt. die hat sich doch sichtlich gefreut, als ich mich erschreckte. sicher zeichnen sie das auf video auf und zeigen das intern auf der weihnachtsfeier.
dann hat der arzt, von einer schwester, die ich auch nicht bruder nennen würde, wenn sie ein mann wäre, eine gesichtsfelduntersuchung bei mir machen lassen. damit untersuchen die, wie weit man nach links, rechts, oben und unten schauen kann, wenn man die augen geradeaus nach vorn richtet. man steckt seinen kopf in eine grosse satelitenempfangsschüssel und muss auf einen schwarzen punkt in ihrer mitte schauen. man wird dann aufgefordert, bescheid zu sagen, sobald man den kleinen lichtpunkt sieht. ich habe mich also total auf den schwarzen punkt konzentriert und auf den lichtpunkt gewartet.
'sehen sie ihn?'
'nein!'
'sehen sie ihn jetzt?'
'nein'
'noch immer nicht?'
'wie sieht er denn aus?'
'na, hell - wie ein lichtpunkt eben'
'ach da! der erscheint ja gar nicht auf dem schwarzen!'
'nee, der erscheint aussen!'
mann, die muss mich für blind gehalten haben. aber ich wusste ja auch zu dem zeitpunkt weder, was da untersucht wird, noch wie die untersuchung heisst. sonst hätt ich ja geahnt, wie der lichthase läuft. dann sah ich den lichtpunkt. wenn ich dann bescheid sagte, dass ich ihn entdeckt hätte, verschwand er und die maschine fing an, zu summen. immer wenn die maschine mit summen fertig war, erschien der gleiche lichtpunkt im uhrzeigersinn um 20° versetzt ganz aussen und wanderte dann nach innen. immer schön der reihe nach, immer im uhrzeigersinn. dann ging es immer sehr schnell. wenn euch also mal jemand erzählt, dass er sein gesichtfeld hat untersuchen lassen und das ergebnis wär er hätte wohl ein eingeschränktes solches, dann ist der wahrscheinlich bloss blöde.
klar ist die diagnose besser, wenn man ehrlich ist und nicht ein bisschen schummelt, aber man hat doch auch einen gewissen ehrgeiz. ich hab immer dorthin geschaut, wo gleich der nächste punkt erscheint, und dann schnell bescheid gesagt und wieder auf den schwarzen punkt geblickt, damit keiner was merkt.
tja, und dann hat mein augenarzt mich inständig gebeten, ins klinikum zu fahren und dort eine bestimmte ärztin aufzusuchen, mit der sie bereits telephoniert hätte. diese ärztin nenne ich nicht arzt, weil so lieb wie die kann nur eine frau sein. mein augenarzt bat mich auch einen verschlossenen brief an diese ärztin mitzunehmen und empfahl mir dringend, mich sofort auf den weg zu machen. und ich solle sie gleich morgen anrufen, und erzählen, was war.
das kommt einem dann schon eigenartig vor, aber ich habe mir verkniffen, nachzufragen, was sie denkt, was ich habe.
auch merkwürdig fand ich, dass eine schwester in der klinik, der ich meine unterlagen übergab, mich mit den worten 'oh gott oh gott - sie sind der junge mann, den die augenärztin zu uns geschickt hat?' begrüsste. 'dann kommen sie mal gleich mit.'
jetzt sitze ich hier mit der ersten kanüle meines lebens in der hand und warte auf meine blutwerte. wenn ich damit fertig bin, kann ich beginnen, auf das kontrastmittel-ct zu warten.
ich hoffe ja, dass das nicht die letzte kanüle meines lebens sein wird.
ich war immer grosser fan von 'live fast, love hard, die young' - allerdings hat sich die definition von young mit den jahren immer mehr gewandelt.
neben mir wartet ein pärchen. er erzählt ihr, dass er schon seit drei stunden auf den arzt wartet und sie sagt: 'seit DREI stunden!? studiert der noch??' herrlich! ich hab mich schlapp gelacht. schön, dass hier alle nett und lustig sind, so bin auch ich in einer echt guten stimmung und werde bestimmt viele sachen heute das erste mal im leben machen. ich freue mich darauf (ich idiot).
ct darf ich zum beispiel mitmachen. prima, endlich koste ich meiner krankenkasse auch mal was. mit und ohne kontrastmittel. zuerst ohne. nach dem ersten ct kam eine männliche ärztin zu mir und sagte, dass ich zuviel nervenwasser im kopf hätte. ich würde auf jeden fall stationär aufgenommen werden. und man würde nach dem kontrastmittel ct, dass man gleich machen würde, genaueres wissen. das kontrastmittel hat dann auch angeschlagen und einen kleinen bereich in meinem hirn markiert. wenn man zum ersten mal bilder seines eigenen hirns sieht, begeistert das sehr und macht die tatsache das gerade ein arzt erzählt, man habe hier einen tumor viel leichter zu ertragen. dann wurde mir auch noch erklärt, dass ich eine tickende zeitbombe bin. ICH? eine tickende zeitbombe? ein selbstmordattentäter vielleicht? ich hab doch noch nichtmal eine religion oder irgendwelche ideale...
obwohl ich vier oder fünf wochen mein normales leben mit den kopfschmerzen gelebt hatte, sollte ich jetzt auf eine station, wo ständige überwachung gewährleistet sei. zum innenminister? liegt der auch hier? nein, damit waren bloss die ganzen maschinen gemeint, die sie an mich angeschlossen haben und dass einmal in der stunde jemand mit einer kleinen taschenlampe zu mir kommt und mir in die augen leuchtet und die grösse meiner pupillen vergleicht und mich fragt ob ich im moment gerade kopfschmerzen habe, und wie es mir sonst so geht.
ich soll auf die intensivstation. 'setzen sie sich mal hier hin und ich sag dann bescheid, wenns losgeht.' sagt eine irgendjemandin zu mir - also setze ich mich. irgendwann sagt dann die gleiche irgendjemandin zu mir, dass es losgehen könne. ich schultere meine tasche, lege mir meine jacke über den arm und folge ihr zu meinem arzt - der grinst mich breit an und sagt zu mir: 'nee, setzen sie sich mal wieder. ich kann sie unmöglich GEHEND auf der intensivstation abgeben.' also bekomme ich ein bett, ein hemdchen und eine tüte für meine privaten sachen. ich entkleide mich, schlüpfe in das hemdchen, stopfe meine sachen in die tüte und bette mich. dann stehe ich noch einige zeit fahrbereit herum und warte. dann begann die fahrt. ich hatte eine steuermännin und einen antriebsmann. auf dem weg in die intensivstation begegneten wir immer wieder kleinen herden medizinischen personals, die dann immer soetwas sagten wie 'in die intensiv ohne bettgitter?' oder 'richtung intensiv ohne monitor?' bettgitter wurden auch tatsächlich nachgerüstet den monitor bakam ich dann in der intensivstation. ich wurde überall verkabelt und dann erzählte mir dieser kleine fernseher alles wissenswerte über meine lebensfunktionen. das fand ich wirklich spannend. gern habe ich damit herumgespielt, z.b. die luft angehalten, um zu sehen, was dann passiert. ich wollt auch auf einmal dringend sex haben und mir dabei die kurven anschauen - aber mit wem? die dokumentation über den krankenhausalltag, die ich mal gesehen habe scheint in einem anderen krankenhaus gedreht worden zu sein. hätte mir gleich auffallen müssen - die uniformen hier glänzen gar nicht so und sind viel weiter geschnitten als in der doku. dann bleibt nur noch sex mit mir selber - aber so richtig in stimmung bin ich nicht. ich merk mir das einfach mal für später.
jetzt steht eh erstmal ein kleines rudel mediziner um mich herum. das alphatierchen des rudels fragt mich, ob ich durst habe, was ich bejae, da ich seit meiner ankunft hier vor sieben stunden keinen tropfen trinken durfte und mein mund von meinem humor schon ganz trocken geworden war. daraufhin greift sie sich einen beutel und schliesst ihn an den externen zugang zu meinem blutkreislauf an. wirklich sehr lustig frau doktor. ich glaube, ärzte brauchen immer ihren auftrittsgag.
falls sie, lieber leser zufällig arzt sind, vermittele ich ihnen gern fähige autoren, die sie zum stations-originellsten arzt machen. nach dem auftrittsgag und dem anschliessen des tropfs wird über mich referiert ich flechte hier und da mal einen witz oder wortspiel in alphaärztchens vortrag ein, der sonst zu langweilig geworden wäre. ein bisschen zu denken gibt mir, dass er mein geburtsjahr in einer art und weise betont wie man es aus zeitungen kennt, wo dann steht: 'unerwartet und viel zu früh ging unsere liebe ururoma von uns'. aber egal - aus irgendwelchen gründen war ich in absoluter hochstimmung. eine weibliche medizinpersonaleinheit sagte noch zu mir, wie schön es wäre, dass ich nun hier bin, weil die meissten ihrer patienten auf dieser station ja gar nicht reden könnten.
später wird sie sich noch um aufnahme und verschluss meiner wertsachen kümmern und mich dabei fragen, ob ich anderen personen ausser mir selbst den zugriff auf diese wertsachen gestatten möchte. ich werde sie daraufhin fragen, ob sie interesse daran hätte, zugriff auf meine wertsachen zu haben und sie wird dies verneinen. puhh, das wird ja gerade nochmal gut gegangen sein, werde ich dann denken.
während sie diesen satz lesen passiert all dies, was ich eben in der zukunftsform beschrieb.
so, jetzt bin ich bereit etwas zu schlafen.
das wird ganz schön langweilig werden hier im krankenhaus. manchmal halte ich die luft an oder fange an zu hecheln und betrachte die körperfunktionskurven auf meinem monitor. das wird hier so richtig langweilig werden - kein alkohol ausser zur desinfektion, nicht selber gehen und infolgedessen keinen taback rauchen. das beste wird sein, wenn ich anfange ein buch zu schreiben. was haltet ihr von dem titel 'trockenDock'?