Sonntag, 30. November 2014

Gartenjahr

Heute ist der erste von vier Adventssonntagen, da ist die Vorfreude auf das bevorstehende Weihnachtsfest riesig. Ein Weihnachtsbaum mit echten Kerzen, viele Geschenke, Gerüche von Gänsebraten und Zimtsternen, gebrannte Mandeln und Glühwein - und das allerwichtigste: Erdbeeren!
weihnachtserdbeeren
Erdbeeren?

"Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus,
sinnend geh ich durch die Gassen,
und such' mir ein paar Erdbeeren aus."

[frei nach: Joseph von Eichendorff] 

Als mein Grossvater jung war, und sich für den Beruf des Gärtners entschied, erlernte er diesen in einem Hamburger Betrieb, den eines Tages die Bitte ereichte, termingerecht zu Sylvester Erdbeeren zu produzieren. Ein preussischer Minister wollte diese dem Reichskanzler Bismarck, der Erdbeeren sehr liebte, zum Geschenk machen. 
Gänzlich gegen alle Regeln des Gartenjahres wurden Erdbeeren angebaut, und obwohl dieses landwirtschaftliche Abentheuer nur drei Generationen her ist, ist innerhalb unserer Familie weder überliefert, ob die Früchte dem Reichskanzler geschmeckt haben, noch ob der schenkende Minister damit seiner Karriere Auftrieb verleihen konnte.
Überliefert ist hingegen, dass der winterliche Erdbeeranbau in Glashäusern Früchte getragen hat.
Ich glaube nicht, dass die Früchte wirklich gut geschmeckt haben. Für Fruchtzucker braucht es eben Sonnenlicht. Man hätte sie in einem der deutschen Protektorate in Afrika, wie Deutsch-Südwestafrika, anbauen sollen, aber dort hätte man den Nachteil der langen Transportwege bis nach Preussen.
Dennoch war es mit Sicherheit ein aufsehenerregenes Geschenk.
Heute gibt es jederzeit alles. und Karl verkauft auf einem indoor Weihnachtsmarkt seine Früchte.

Donnerstag, 20. November 2014

medizinischer Pflasterstein

Seitdem mir ünglücklicherweise einer meiner Lieblingsoberschenkel zerbrach, und Ärzte mir ein Intimpiercing einschraubten, hatte ich fortwährend leichte Schmerzen im Knie des gepiercten Beines.
Dieser leichte Schmerz blieb auch nachdem das Piercing nach zwölf Monaten entfernt wurde
Die Befindlichkeit meines rechten Kniegelenkes war suboptimal und ein medizinischer Grund dafür nicht auszumachen.
Während eines Aufenthaltes in einer Kurklinik wurde der Knieschmerz behandelt, indem man elektrischen Strom durch mein Knie leitete.
Eine Behandlung, die Spass machte, anfangs wurden zwei nasse Schwämmchen, eines links und das andere Rechts, mit Saugnäpfen am meinem Knie befestigt, dann wurden Stromkabel an den Saugnäpfen befestigt, und der Strom eingeschaltet.
Das sah dann ein wenig so aus, als hätte mein Knie ein Paar richtig grosser Kopfhöhrer auf.
Weil die Muskeln in und um mein Knie im Rhythmus der Stromschläge zuckten, erweckte dieser Anblick den Eindruck, mein Knie höre tatsächlich Musik.
Man erklärte mir, dass das durch den Strom verursachte permanente Kribbeln meinem Hirn helfe, bald den Schmerz zu ignorieren - also Kribbeln als eine Art Gegenschmerz.

Diese Behandlung hat aber den ursprünglichen Knieschmerz nicht dauerhaft vertreiben können.
Die Befindlichkeit des Kniegelenkes blieb, wie glücklicherweise auch der Ort, an dem es sich befindet, unverändert. Es mag also gern positiv bewertet werden, dass ich vor wenigen Tagen auf dem Heimweg in der viel zu früh eintretenen Dunkelheit über eine Bodenunebenheit bzw. einen Gehwegschaden stolperte, und die Wucht des Aufpralls mit meinem rechten Knie abfederte.
Mein rechtes sowie auch mein linkes Knie und der komplette Bereich meines Körpers, der, wie ich in der Klinik lernte, als 'Untenherum' bezeichnet wird, hatte eine Hose an - deren rechtes Knie ist nun auch kaputt.
Früher versuchten meine Eltern mich im Fall derartiger Kniefälle damit, dass nur mein Knie kaputt wäre, welches ja - in Gegensatz zur Hose - von selber wieder verheile. Damit kann ich mich diesesmal, aufgrund des Schadens an der Hose, nicht trösten.
Aber vielleicht gelingt es diesem temporären Schmerz, seinen Chronischen Bruder zu vertreiben.
Es fühlt sich jetzt schon besser an, als vorher.
Ein Pflasterstein kann also doch diese Welt ein wenig verbessern.

Sonntag, 9. November 2014

trotz Graffito

Vor Kurzem nahm ich an einem kleinen Fernseh-Marathon teil. 
Der Veranstalter heisst Phoenix, und bot die 3-teilige Dokumentation
'Der Kreml und Deutschland' an.
Ich habe über die ganze Strecke aufgepasst, geguckt und gehorcht.
Ein langer Kameraschwenk zeigte ein Graffito, welches dann meine Verwunderung hervorrief.
fixmäuschenschnell griff ich zur Kamera und ablichtete das Fernsehbild. So konnte ich noch einen Teil des Schriftzuges an der Wand in ein Standbild verwandeln.
In voller Länge steht dort:
'Rotfront lebt trotz Verbot!'
trotzalledem
Mir ging es, in frühen Grundschulzeiten, ganz ähnlich wie diesem engagiertem, mutmasslichem Rotfront-mitglied und Uhrhebers des Schriftzuges - auch ich schrieb einige Zeichen spiegelverkehrt.
Die Lehrer vermuteten, dass meine Linkshändigkeit die Ursache dieser gespiegelten Buchstaben wäre, aber, wie wir sehen, kann soetwas auch durch eine linke Gesinnung verursacht werden.

Montag, 3. November 2014

niedlich und extraterrestrisch

Am 28.03.2014 berichtet Jens Riwa in der 9 Uhr Ausgabe der Tagesschau über ein erfolgreiches Andockmanöver einer Sojus Kapsel, mit zwei russischen Kosmonauten an Bord, an die Iss.
tagesschau_28_03_2014
...und bemerkt gar nicht, dass er aus dem Hintergrund von einem niedlichen Ausserirdischen mit weit aufgerissenen Augen angestarrt wird.

Sonntag, 2. November 2014

Marie Antoinette

Marie Antonette, die ehemalige Königin von Frankreich, könnte, wenn denn nichts dazwischen gekommen wäre - und zwar eine von oben heruntersausende Klinge zwischen Kopf und Schultern - heute Ihren 259. Geburtstag feiern.
Mit Sicherheit täte sie das verschwenderisch und pompös, wie es die Gemahlin des französischen Königs Ludwig XVI wohl gern tat, nicht grundlos wird ihr später der Satz:
"Das Volk hat kein Brot? Soll es doch Kuchen essen!"
in den Mund gelegt.
Bedauerlicherweise hat sie diesen Satz wohl nie gesagt, nicht einmal auf französisch. Das ist schade, da diese Äusserung nicht nur ihre Ignoranz gegenüber der Armut des Volkes gut veranschaulicht, sondern auch irgendwie originell ist.